Unkreativität, Frauennetzwerk & Visualisierung

Die erste ‚normale‘ Arbeitswoche im neuen Jahr mit vielen (Online-)Meetings liegt nun hinter mir (naja, fast: Morgen findet Tag 2/4 eines Seminars statt, das ich am Schreib-Lese-Zentrum der Universität Münster veranstalte). Diese Woche war definitiv wieder stressig, aber dank meines Pausen-/Pomodoro-Vorsatzes (alle 30 Minuten eine kurze Pause und aufstehen) war mein Stresslevel niedriger als letztes Jahr.


Ich freue mich sehr, heute den zweiten Blog-Eintrag schreiben zu können. Anfang der Woche bin ich auf LinkedIn auf den Newsletter #christianlernt von Christian Kaiser gestoßen und habe mich dadurch darin bestärkt gefühlt, auch hier den Versuch zu unternehmen, meine Learnings (und allgemein meine Gedanken) mit der Welt zu teilen. Deshalb gibt es auch direkt zu Beginn eine Buchempfehlung (Open Access): Bei de Gruyter erschien diese Woche ein 594 Seiten dicker Sammelband mit dem Titel „KI:Text. Diskurse über KI-Textgeneratoren„. Er vereint die Beiträge einer interdisziplinären Tagung mit dem Titel „KI – Text und Geltung. Wie verändern KI-Textgeneratoren wissenschaftliche Diskurse?“, die am 25. und 26. August 2023 an der TU Darmstadt stattfand. Als ich davon las, war ich erst einmal sehr enttäuscht, dass ich überhaupt nichts von dieser Tagung wusste – Darmstadt wäre um die Ecke gewesen und ich glaube, ich habe dort richtig etwas verpasst! Umso dankbarer bin ich für den Sammelband und schmökere mich gerade durch. Aktuell kann ich insbesondere den Artikel von Simon Meier-Vieracker empfehlen, der den Titel trägt „Uncreative Academic Writing: Sprachtheoretische Überlegungen zu Künstlicher Intelligenz in der akademischen Textproduktion“. Er versteht Textgeneratoren als

„Hilfsmittel, die im kommunikativen Haushalt der Scientific Community bei bestimmten Aufgaben unterstützen können. Es gibt keinen Grund, diese Unterstützungsangebote nicht anzunehmen, solange man ihren Beitrag zum Gesamtprodukt nicht verschweigt. Wenn sie darüber hinaus bei den Schreibenden und Lesenden ein Bewusstsein für die Musterhaftigkeit des eigenen sprachlichen Tuns und dessen Bedeutung für gelingende Kommunikation schaffen können, wenn sie also die unkreativen Aspekte akademischen Schreibens bewusst machen, auf denen Kreativität erst aufbauen kann und die diese zugleich vorprägen, dann können sie erst recht und auch in einer reflexiven Weise produktiv genutzt werden“ (S. 143).

Für mich ist das eine Perspektive, die ich bislang noch nicht eingenommen habe, deren Implikationen für die Schreibdidaktik im KI-Zeitalter ich aber definitiv weiter durchdenken möchte.


Themenwechsel, weg von KI: Gestern Abend war ich das erste Mal bei einem Treffen eines Frauen-Business-Netzwerks in Mainz, zu dem mich eine Freundin eingeladen hatte. Was für ein Abend! Die Gespräche mit den anderen Frauen, die generelle Atmosphäre und das Thema des Abends (Visions for 2024) haben viele Gedanken bei mir ausgelöst. Zunächst einmal fand ich die Wertschätzung und das Interesse, das alle Teilnehmenden sich untereinander entgegenbrachten, großartig. Ich habe gemerkt, dass ich noch nie in einem Kontext war, in dem ich so intensiv über mich in meiner beruflichen Rolle sprechen konnte wie dort. Die anderen Frauen, mit denen ich gesprochen habe, haben aktives Zuhören in Lehrbuchform betrieben und das war einfach toll. Bislang wusste ich nicht, dass mir ein solcher Kontext bislang definitiv fehlte – jetzt weiß ich es aber. Ein anderer Punkt, der mich im Nachgang noch sehr beschäftigte, war, dass ich an diesem Abend mal wieder sehr aus meiner Bubble herauskam. In diesem Kreis war ich die einzige Person, die an einer Hochschule arbeitete; nur eine andere Teilnehmerin war auch noch im öffentlichen Dienst, die anderen Frauen waren entweder bei Unternehmen angestellt oder selbstständig. Normalerweise bin ich nur in meiner ‚Hochschul-Bubble‘ unterwegs und dieses Treffen war definitiv anders. Ich habe versucht, den Unterschied greifbar zu machen, aber ich kann ihn gar nicht richtig in Worte fassen. Zu Beginn habe ich mich unwohl gefühlt (jaja, raus aus der ‚Komfort-Zone‘), aber je weiter der Abend fortschritt, desto mehr habe ich in diesen Kontakten und in der Konfrontation mit ganz anderen Arbeitswelten eine riesige Chance für mich gesehen. Insofern werde ich beim Februartreffen des Netzwerks (Thema ‚Fehler im Business‘) definitiv wieder am Start sein. Hierzu noch ein letzter Punkt: Gestern Abend war die Kategorie ‚Frau‘ so salient (wie man in der Linguistik sagt) wie selten in meinem Alltag. Ich arbeite in einem Team, in dem nur Frauen sind – der Wunsch nach einem Frauen-Netzwerk an meinem Arbeitsplatz kam mir daher noch nie. Ich werde weiter darüber nachdenken, was diese Selbstverständlichkeit, von inspirierenden und tollen Frauen umgeben zu sein und auch primär mit Frauen zusammenzuarbeiten, eigentlich für mich bedeutet …


Zuletzt hat mich diese Woche das Thema ‚Wissensmanagement durch Visualisierung‘ stark beschäftigt. Für meine Online-Seminare nutze ich schon lange Miro-Boards. Angeregt durch einen Beitrag von Sirkka Freigang von Ende letzten Jahres, der unterschwellig aber immer weiter in mir gärte, habe ich nun damit angefangen, mein Wissen durch Concept und Mind Maps auf Miro zu visualisieren. So entstanden diese Woche die Anfänge von jetzt schon zwei recht großen Boards zu ‚Future Skills‘ und ‚KI‘. Hier möchte ich künftig alles sammeln, was ich zu den jeweiligen Themen finde und welche Gedanken ich dazu habe. Bislang bin ich mit meinem Informationsspeicherungssystem – sehr ‚oldschool’ über Ordner und Dateien im Windows-Explorer des Arbeitslaptops und in der iCloud auf privaten Apple-Geräten – sehr unzufrieden. Zwischen den Jahren hatte ich eine Folge des Podcasts „Lehrreiche Hochschulinnovationen“ gehört, in dem Obsidian sehr gefeiert wurde. Aber irgendwie sagt mir dieses Programm nicht zu (vielleicht habe ich ihm aber auch nur noch nicht genug Zeit gegeben). Deshalb versuche ich jetzt mal, auf Miro-Boards meine Netzfunde, Gedanken, Ideen etc. und vor allem deren Beziehungen untereinander zu visualisieren.