Den heutigen Blogartikel schreibe ich inspiriert von einer fast überwältigenden Fülle an Eindrücken, die ich diese Woche hatte und die ich selbst auch noch gar nicht alle ganz verarbeitet habe. Insofern freue ich mich auf die Arbeit an diesem Text, um den ein oder anderen Aspekt auch für mich selbst nochmals aufzubereiten.
Ein ‚Disclaimer‘ vorab: Ich habe vorhin via iPhone ein längeres ‚Gespräch‘ mit ChatGPT geführt, in dem ich dem Tool von meinen Erlebnissen diese Woche berichtet habe. Dieser Text ist deshalb ein Puzzle aus eigenen Formulierungen und KI-generierten Textteilen. Normalerweise schreibe ich meine Blogeinträge ohne KI-Unterstützung, da mir das Schreiben auch sehr beim Reflektieren hilft. Diese Woche brauchte ich den Zwischenschritt aber, um meine Gedanken zu sortieren. Wer an meiner Interaktion mit ChatGPT interessiert ist, kann sie gerne hier nachlesen.
Meine Woche startete mit dem Abschlusstreffen des KI Think Tanks an der Hochschule RheinMain, in dem wir die Arbeit aus einem Jahr zusammenführten. Wer mehr über diesen partizipativen Prozess bei uns an der Hochschule erfahren möchte, kann in diesem HFD-Papier stöbern. Bei diesem letzten Treffen wurde deutlich, dass wir innerhalb eines Jahres wirklich viel erreicht, viel diskutiert, einiges umgesetzt haben – dass wir aber noch lange nicht am Ende der Reise sind. Die Entwicklungen sind so dynamisch und fordern uns als Hochschulgemeinschaft viel ab. Neben der Frage, wie wir die Produkte des Think Tanks in die Hochschule bringen, stand am Ende also auch die Frage, wie es weitergehen soll. Von einem AI-Breakfast-Club über einen weiteren Think Tank bis hin zu regelmäßigen Workshops wurden viele Optionen diskutiert.
Montagnachmittag hatte ich dann das große Vergnügen, an einem Treffen des wissenschaftlichen Beirats Studium und Lehre der Universität Göttingen teilzunehmen, wo ich seit diesem Jahr Mitglied bin. Es war sehr spannend, hier tiefe Einblicke in die Entwicklungsprozesse einer anderen Hochschule zu bekommen, was man als externe Person sonst ja nicht hat. Und es war eindeutig eine Win-Win-Situaton: Ich konnte von meiner eigenen Hochschule, von meiner eigenen Arbeit Ideen und Impulse einbringen, aber auch selbst wiederum Impulse für die eigene Arbeit mitnehmen. Ohne hier zu sehr in die Tiefe zu gehen: Ich fand es spannend, zu sehen, wie das Thema „KI in Studium und Lehre“, wozu ich allem voran beraten habe, an alle anderen diskutierten Punkten wunderbar anknüpfen kann. Zu sehen, dass „KI“ kein Thema ist, das neben vielen anderen Themen auf der Agenda von Hochschulen steht bzw. stehen sollte, sondern dass hier viele Fäden zusammenlaufen. Und der größere Blick auf abnehmende Studierendenzahlen, Curriculumsentwicklung, KI uvm. zeigt am Ende, dass alles auf das Stichwort „Transformation von Hochschulen“ zuläuft. Ich belasse es jetzt mal hierbei, könnte dazu aber noch einiges mehr schreiben. Vielleicht doch noch ein letzter Punkt: „Transformation“ ist kein tolles, neumodisches Buzzword, sondern dringende Erfordernis, wenn staatliche Hochschulen zukunftsfähig sein wollen (und nein, auch „zukunftsfähig“ ist hier alles andere als ein schillerndes Buzzword …).
Ein weiteres Highlight dieser Woche war das Treffen der Community of Pratice (CoP) für zukunftsorientierte Lernräume, die durch den Stifterverband und die Dieter-Schwarz-Stiftung finanziert wird. Zusammen mit einer Kollegin habe ich hier den Status als Challengerin inne – in unserem Fall geht es um eine Art ‚Cookbook für Lernräume‘, das wir zusammen mit unseren beiden Experts Katja Ninnemann (Berlin) und Tobias Scheeder (Köln) bearbeiten. Diese Woche haben wir uns mit der ganzen CoP am Dienstag in der Lufthansa FlyingLab Factory in Raunheim getroffen und am Mittwoch bei uns an der Hochschule RheinMain. Die inspirierenden Räumlichkeiten der Lufthansa Factory boten uns zum einen einen Rahmen für produktiven Austausch, zeigten zum anderen aber auch die Parallelen zwischen den Herausforderungen von New Work und New Learning. Es wurde deutlich, dass die Gestaltung von Lernräumen physische Barrieren für die Umsetzung didaktischer Konzepte abbauen kann (Stichwort „Tischerücken“) und außerdem Lehre ermöglicht, bei der Menschen mit ihrer Körperlichkeit im Fokus stehen (s. hierzu auch meinen Blogbeitrag zu bewegter Hochschullehre). Räume werden oft als „dritter Pädagoge“ bezeichnet (Malaguzzi), was ihre Rolle in der Transformation von Lehre und Lernen unterstreicht. Diese Einsicht wurde durch die Diskussionen über die Herausforderungen der klassischen, „tischbezogenen“ Lehre und die Notwendigkeit, Fachbereiche und Lehrende für die Bedeutung innovativer Lernraumkonzepte zu sensibilisieren, weiter vertieft. Der Austausch mit den anderen Challenger-Expert-Teams zeigte, dass die Überzeugung relevanter Stakeholder eine große Herausforderung ist. Hier fand ich es sehr erleichternd, zu sehen, dass die Lufthanseat:innen bei der Konzeption und Umsetzung ihres Flying Labs vor den gleichen Herausforderungen standen wie wir – dass sie es am Ende aber geschafft haben.
Als Nächstes möchte ich ein Learning teilen, das ich in einem meiner freiberuflichen Seminare zum Thema „KI und wissenschaftliches Arbeiten“ für Lehrende diese Woche hatte. Im Kontext der Nutzung von KI-Tools bei unbeaufsichtigten schriftlichen Arbeiten wird im Diskurs ja immer wieder gefordert, dass Lehrende von Studierenden Reflexionstexte einfordern sollen, in denen diese ihre Nutzung der KI-Tools reflektieren. Ein Teilnehmer stellte hier die kritische Frage, ob Studierende überhaupt die notwendige Kompetenz besitzen, um ihre Erfahrungen beim Einsatz von KI-Tools adäquat zu reflektieren. Je nachdem, in welches Future-Skills-Framework man schaut, ist Reflexionskompetenz oder metakognitive Kompetenz ein wichtiger Future Skill – was aber auch bedeutet, dass diese Kompetenz nicht ‚einfach‘ so gegeben ist. Überfordern Lehrende ihre Studierenden nicht auch, wenn sie ihnen ohne weitere Anleitung den Auftrag geben, einfach einen Reflexionstext zu ihrer KI-Nutzung zu schreiben? Der reflexartigen Forderung nach solchen Begleittexten sollte daher die Frage entgegengesetzt werden, was man selbst als Lehrperson erst einmal tun kann, um Studierende bei der Entwicklung von metakognitiver Kompetenz zu unterstützen. Die Diskussion machte wieder einmal deutlich, dass die Auseinandersetzung mit KI-Tools und deren Implikationen für wissenschaftliche Arbeiten komplexe Überlegungen aufseiten der Betreuenden erfordert.
Zum Abschluss der Woche nahm ich am Jour Fixe des VK:KIWA teil, wo ich seit Kurzem Mitglied des Kernteams bin. In der heutigen Sitzung entbrannte eine lebhafte Debatte über die Frage, ob die Integration von KI-Tools in Studium und Lehre als alternativlos betrachtet werden sollte. Dabei kristallisierten sich zwei unterschiedliche Ansichten heraus: Einerseits wurde argumentiert, dass die bloße Existenz von KI nicht automatisch bedeutet, dass Hochschulen diese adaptieren müssen. Eine solche Haltung würde kritische Reflexionen und mögliche Gegenpositionen zu aktuellen Entwicklungen vernachlässigen. Andererseits wurde die Meinung vertreten, und dieser schließe ich mich an, dass die Integration von KI-Tools tatsächlich unumgänglich ist, insbesondere vor dem Hintergrund der Vorbereitung von Studierenden auf den Arbeitsmarkt, wo KI bereits eine Rolle spielt und in Zukunft noch bedeutsamer werden wird. Für mich spiegelte diese Diskussion die Notwendigkeit wider, Ambiguitätstoleranz als eine zentrale Kompetenz in unserer heutigen Welt zu begreifen und damit auch zu fördern. Persönlich erlebe ich diese Ambivalenz so oft: Auf der einen Seite ernähre ich mich vegan und habe aus Überzeugung kein Auto, auf der anderen Seite nutze ich täglich intensiv KI-Tools, die einen hohen Energieverbrauch haben und damit auch schädlich fürs Klima sind. Ich betrachte die Auseinandersetzung mit KI an Hochschulen aber als essenziell, um den Gefahren von Desinformation und Fake News entgegenzuwirken und Studierende so letztlich zu mündigen Bürger:innen einer demokratischen Gesellschaft auszubilden. Angesichts eines Rückgangs der Studierendenzahlen und der Attraktivität privater Universitäten, die KI-Themen aktiv aufgreifen, ist es umso wichtiger, dass öffentliche Hochschulen sich dieser Thematik nicht verschließen.
Das letzte Wort soll mein Sparring-Partner ChatGPT haben: „Diese Woche war ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie wichtig es ist, sich kontinuierlich mit den sich wandelnden Anforderungen in Bildung und Lehre auseinanderzusetzen. Die Integration von KI, die Gestaltung zukunftsorientierter Lernräume und die Entwicklung einer kritischen Haltung gegenüber neuen Technologien sind nicht nur Herausforderungen, sondern auch Chancen, die Lehre und das Lernen tiefgreifend zu transformieren“. Na dann: Auf ins Wochenende.