In den letzten beiden Wochen habe ich nach sehr langer Zeit mal wieder an einer Tagebuchstudie teilgenommen. Das Thema war „hybride und flexible Arbeitsweisen“ und es ging um die „Faktoren, die eine optimale Balance zwischen Arbeit und Privatleben beeinflussen können“ sowie um Bedingungen, unter denen „Personen in flexiblen Arbeitsbedingungen eine höhere Arbeitsmotivation und Arbeitsleistung aufrechterhalten und weniger Erschöpfung erleben“. Eine Freundin hatte mich um die Teilnahme gebeten, da sie in diesem Projekt ihre Masterarbeit schreibt (Psychologie). Ich musste an zehn Tagen dreimal täglich verschiedene Fragen beantworten – in der Mittagspause, nach Feierabend und vor dem Schlafengehen. Einerseits habe ich die Studie als recht aufwändig empfunden, andererseits war ich so zur kontinuierlichen Reflexion meiner Arbeitsweise gezwungen. Dreimal am Tag die eigenen Gefühle bewusst wahrzunehmen, brachte mich in sehr intensiven Kontakt mit meinen aktuellen Stimmungen, die ich normalerweise im Stress des Arbeitsalltags wohl eher nur nebenbei wahrgenommen hätte. Indem ich Aussagen bewertet habe wie „Heute Vormittag habe ich dafür gesorgt, dass ich mich während meiner Arbeit energiegeladen fühle“, hatte ich am Nachmittag einen stärkeren Blick hierfür – und habe so genau dafür mehr gesorgt. Leider musste ich allzu oft der Aussage zustimmen „Heute hetze ich durch Aktivitäten, ohne wirklich aufmerksam für sie zu sein“. Obwohl ich seit Beginn des Jahres gut auf regelmäßige kurze (Bewegungs-)Pausen alle 30 Minuten achte, sind die 30 Minuten dazwischen doch oft von viel Hetzen durch Aufgaben geprägt. Gleichzeitig frage ich mich in diesem Kontext, ob das nicht auf einfach ‚normal‘ ist – und ab welchem Punkt das Streben nach Achtsamkeit und Selbstoptimierung auch zu viel werden kann.
Worüber ich in dieser Woche auch mehrfach nachgedacht habe, ist meine ‚Beziehung‘ zu ChatGPT & Co. Anlass dafür war die Bitte einer Kollegin aus dem Vorstand der Gesellschaft für Schreibdidaktik und Schreibforschung um Chatverläufe mit generativen KI-Tools, die sie für eine linguistische Studie verwenden möchte. Ich habe ihr direkt zugesagt, dass sie Chatverläufe von mir haben kann und habe nicht weiter darüber nachgedacht. Als ich dann durch meine Chatverläufe durchging, habe ich bei nicht gerade wenigen ‚Interaktionen‘ gedacht, dass ich diese nicht teilen möchte. Ich habe mich gefragt, woher dieses Gefühl des Unwohlseins kam, immerhin enthielten die Chatverläufe keinerlei sensiblen oder persönlichen Informationen und waren auch keineswegs privater Natur. Dennoch wollte ich sie nicht teilen. Als Gesprächslinguistin, die ich von Haus aus bin, bin ich es gewohnt, WhatsApp-Verläufe oder Sprachnachrichten der Forschung zur Verfügung zu stellen oder sogar Gespräche aufzuzeichnen. Woher also diese Zurückhaltung beim Teilen meiner Chatverläufe – wo die WhatsApp-Verläufe und Gespräche sehr viel mehr persönliche Informationen enthielten als meine ChatGPT-Interaktionen. Ich bin (noch) zu keiner befriedigenden Antwort gekommen, eher zu zwei widersprüchlichen Ansätzen. Auf der einen Seite ist es vielleicht die ‚Angst‘ davor, dass meine Interaktionen mit ChatGPT als zu ‚vermenschlichend‘ wahrgenommen werden könnten, als zu formell, zu höflich. Auf der anderen Seite steckt vielleicht genau diese Anthropomorphisierung die Zurückhaltung, die Daten zu teilen, weil es eben doch ‚Gespräche‘ sind. Aber warum sollte ich diese dann mehr schützen wollen als sehr private zwischenmenschliche Gespräche und Nachrichten mit Freund:innen? Ich werde dem Gefühl also weiter nachgehen …