Streitfall Prompting-Begriff

Diesen Freitag und Samstag findet das Jahrestreffen des VK:KIWA statt, weshalb es in dieser Woche nur einen kurzen Blogpost von mir gibt. Das Wichtigste unserer Klausurtagung nach außen hin ist sicherlich, dass wir uns einen neuen ‚ausgeschriebenen‘ Namen gegeben haben. Unser Akronym VK:KIWA wollten wir zwar behalten, weil wir damit in den relevanten Kreisen inzwischen eine sichtbare Marke geschaffen haben.. Doch die frühere Langform „Virtuelles Kompetenzzentrum: KI und wissenschaftliches Arbeiten“ beschreibt längst nicht mehr adäquat, was wir alles tun. Zu breit ist unser Spektrum geworden, zu viel hat sich durch die Dynamik verschoben. Deshalb firmieren wir nun unter der neuen Aufschlüsselung unseres Akronyms „Virtuelles Kompetenzzentrum: Künstliche Intelligenz in Bildung, Wissenschaft & Arbeitswelt“. Der neue Name trägt dem Wandel Rechnung und öffnet den Blick für die Verbindungen zwischen Lernorten, Forschungspraxis und betrieblicher Realität.

Inhaltlich haben wir u.a. eine intensive Diskussion darüber geführt, wie wir den Begriff Prompting bewerten. Es war schnell klar, dass dieser Begriff für viele von uns nicht mehr neutral ist, sondern eine bestimmte Vorstellung davon prägt, wie man mit KI-Systemen arbeitet. Anika Limburg plädierte z. B. dafür (und brachte die Diskussion auch erst auf), den Begriff vollständig zu verwerfen. Sie versteht die Nutzung von KI nicht als das Formulieren einzelner Eingaben, sondern als Koaktivität, bei der die Interaktion im Zentrum steht. Sie spricht deshalb von Kommunikationskompetenz und nutzt lieber den Begriff der Steuerung. Dahinter steht die Idee, dass professionelle Praxis nicht aus einzelnen Textbefehlen besteht, sondern aus einem kompetenten, reflektierten Austausch mit einem System, mit dessen man in eine Interaktion eintritt.

Ich kann das sehr nachvollziehen und vertrete dennoch eine andere Sicht. Ich halte den Prompt-Begriff weiterhin für einen wichtigen Einstiegspunkt. Die Welt der KI ist komplex und verändert sich rasant. Menschen brauchen Anker, um überhaupt beginnen zu können. Prompts sind ein solcher Anker. Sie schaffen Haltungssicherheit in einer technologischen Umgebung, die oft überfordernd wirkt. Das schließt nicht aus, dass der Begriff begrenzt ist, aber er erleichtert den ersten Schritt. Und gerade Menschen außerhalb der Akademia können mit so ‚intellektuellen‘ Begriffen wie „reflektierte Koaktivität“ (Anika Limburg) sicher wenig bis gar nichts anfangen.

Im Raum standen weitere kritische Punkte. Einige verwiesen darauf, dass Prompting sprachlich stark an Codierung erinnert und damit falsche Hürden aufbaut. Andere warnen, dass der Begriff suggeriert, man könne durch das Beherrschen von Prompts bereits umfassende Kompetenz entwickeln. Diese Stabilität gibt es aber nicht. Prompts sind letztlich Eingaben an ein System. Die Interaktion erscheint als Dialog, und genau in diesem Dialog steckt der Kern des Kompetenzerwerbs. Wer nur auf die Eingabe schaut, verkennt die Bedeutung des Aushandelns, Nachjustierens, Überprüfens.

Spannend war auch der Beitrag von Nicolaus Wilder, der betonte, dass Prompting immer dann sinnvoll sei, wenn Prozesse automatisiert und damit verkürzt werden sollen. Im Bildungskontext funktioniere das aber kaum, weil dort gerade nicht abgekürzt werden darf. Lernen braucht Umwege und Reflexion. Schnelle Ergebnisse ersetzen keinen Lernprozess.

Anika formulierte es letztlich zugespitzt: Ich muss wissen, was ich will, und ich muss evaluieren, ob das Ergebnis zu meinem Ziel passt. Genau darin liegt professionelle Praxis. Das geht weit über die Fähigkeit hinaus, einfache Eingaben zu formulieren. Der Prompting-Begriff, so ihre Sorge, verstärkt eher den Gedanken einer technischen Automatisierung als das Verständnis eines kompetenten, reflektierten Handelns.

Die Diskussion hat gezeigt, wie sehr Begriffe unsere Sicht auf KI prägen. Vielleicht wird sich der Prompt-Begriff weiterentwickeln oder durch andere ersetzt. Vielleicht bleibt er ein pragmatischer Startpunkt. Sicher ist: Die Art und Weise, wie wir darüber sprechen, entscheidet mit darüber, welche Kompetenzen sich in Bildung, Wissenschaft und Arbeitswelt herausbilden. Da das Thema uns sehr beschäftigt hat, überlegen wir übrigens, eine „Sternstunde“ dazu zu machen, um in einen vertiefteren Austausch zu kommen.

Datenschutz
Ich, Dr. Isabella Buck (Wohnort: Deutschland), verarbeite zum Betrieb dieser Website personenbezogene Daten nur im technisch unbedingt notwendigen Umfang. Alle Details dazu in meiner Datenschutzerklärung.
Datenschutz
Ich, Dr. Isabella Buck (Wohnort: Deutschland), verarbeite zum Betrieb dieser Website personenbezogene Daten nur im technisch unbedingt notwendigen Umfang. Alle Details dazu in meiner Datenschutzerklärung.