KI-Lernunterstützung & VR für mental health

Um diesen Beitrag zu schreiben, habe ich erstmals auf Antrophics Claude zugegriffen (es macht mich gerade sehr glücklich, dass ich nun Zugriff auf diese Sprachmodellfamilie habe). Der erste Eindruck ist sehr gut und der Text, der aus meinem Dialog über die Ereignisse meiner Woche erstellt wurde, ist weit besser als der, den ChatGPT (GPT-4) erstellt hat.

Gestern hatte ich die Gelegenheit, auf der Tagung „Learning by Testing: Assessment im Fokus“ an der Hochschule RheinMain einen Vortrag mit dem Titel „Lernunterstützung durch KI-Tools: GPTs und mehr“ zu halten. In diesem interaktiven Vortrag ging es darum, wie das Lernen durch den Einsatz von KI-Tools wie WisdomPlan, TutorAI.me oder Mindsmith, unterstützt werden kann. Ich habe einige Tools vorgestellt, um zu zeigen, wie New Learning mit KI-Tools aussehen kann. In der ersten Diskussionsrunde tauschten wir uns darüber aus, wie sich das Studium und das Lernen der Studierenden durch diese neuen Möglichkeiten verändern könnte. Interessanterweise waren die anwesenden Lehrenden größtenteils der Meinung, dass ihre Studierenden diese Tools noch gar nicht kennen und nutzen. Das Hauptthema, das die Diskussion prägte, war jedoch die potenzielle Überforderung durch die Vielfalt an verfügbaren Tools. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass es zwar gut ist, viele Optionen zu haben, es aber auch eine Herausforderung darstellt, für sich das Richtige herauszufinden – was wiederum bedeutet, verschiedene Dinge ausprobieren zu müssen. Dies birgt die Gefahr, sich in diesem „Tool-Dschungel“ zu verlieren. Wie so oft beim Thema KI wurde auch die Gefahr von Halluzinationen angesprochen. Ein weiterer Kritikpunkt war, dass bei der Nutzung von KI-Tools das menschliche Gegenüber fehlt, das man zum effektiven Lernen benötigt. Insgesamt waren die Teilnehmenden eher kritisch, was die Möglichkeiten von KI-Tools zur Lernunterstützung betrifft.

Beim Thema Chatbots und GPTs war der Tenor dann wieder etwas positiver, auch wenn hier ebenfalls die Frage im Raum stand, wie man Halluzinationen begegnen kann. Ich stellte unter anderem die GPTs von ChatGPT, für die man allerdings einen kostenpflichtigen Account benötigt. Kostenlose (aber nicht ganz so gute) Alternativen sind Bots via Huggingface oder Poe. Die zweite geplante Diskussionsrunde, wie Hochschullehrende personalisierte Chatbots für ihre Lehre nutzen können, mussten wir leider ausfallen lassen. Es gab bereits in der ersten Runde so viele Rückfragen und Diskussionsbedarf, dass die Zeit nicht mehr ausgereicht hat. Insgesamt hätte ich (und auch die Lehrenden) noch viel länger über dieses Thema diskutieren können. Denn die große Frage ist, wie man all diese Lerntools sinnvoll in die Lehre integrieren und Studierenden näherbringen kann, ohne sie dabei zu überfordern – schließlich sollen die Tools ja unterstützend und nicht belastend wirken.

In diesem Kontext möchte ich gerne noch ein Zitat teilen, das ich diese Woche gelesen habe. Und zwar habe ich angefangen, das Buch „Creating the University of the Future: A Global View on Future Skills and Future Higher Education“ von Ulf-Daniel Ehlers und Laura Eigbrecht zu lesen. Das Open Access Buch gibt einen globalen Überblick über institutionelle Strategien, Studienprogramme, wissenschaftliche Erkenntnisse sowie Lehr- und Lernpraktiken im Kontext des „Future Skills Turn“ an Hochschulen. In einem Interview der Autor:innen mit Andreas Schleicher, Bildungsdirektor der OECD, bin ich auf folgendes Zitat gestoßen:

„You point to one of the biggest challenges ahead of us—the challenge of opportunity. But I think that’s not just in learning—it’s a huge shift in our societies. You could say: in the past, democracy was about the right to be equal—today, democracy is about the right to be different. And I think the same is true for learning. Our learning systems have to understand people’s identities and individual capabilities and then find the right methods of learning. To me, that’s where the biggest potential of technology is: technology is becoming very good at understanding how people learn differently—it can figure out what makes you interested, where you’re bored, where you’re good at or where you’re struggling.“

Dass Lernsysteme die individuellen Identitäten und Fähigkeiten der Lernenden verstehen und dann die jeweils passenden Lernmethoden finden müssen, ist für mich kein neuer Gedanke. Ich finde aber äußerst spannend, was Schleicher zur Demokratie sagt: Ging es in der Vergangenheit in der Demokratie vor allem um das Recht auf Gleichheit, so steht heute viel mehr das Recht auf Anderssein, auf Individualität im Vordergrund. Ja, früher wollten alle Bürger:innen die gleichen Rechte und Chancen haben und die formale Gleichheit vor dem Gesetz war ein wichtiger Schritt nach vorne. Moderne Demokratien müssen nun aber die Individualität eines jeden Menschen anerkennen und wertschätzen. Es geht nicht mehr nur darum, allen die gleichen Chancen zu geben, sondern auch die jeweils individuellen Stärken, Talente und Bedürfnisse zu fördern. In einer diversen, pluralistischen Gesellschaft ist diese Akzeptanz von Vielfalt und Anderssein unabdingbar. Menschen haben ein Recht darauf, ihre Persönlichkeit frei zu entfalten, solange sie die Rechte anderer nicht verletzen. Demokratien müssen Raum für unterschiedliche Lebensentwürfe und Identitäten bieten. Ich werde über dieses Zitat sicher noch tiefergehender nachdenken …

Neben meinem Vortrag auf der iLearn-Tagung gab es diese Woche noch ein anderes spannendes Ereignis: Am Mittwoch war ich zusammen mit einer Kollegin aus dem LehrLernZentrum zu Gast in einer Lehrveranstaltung des Bachelorstudiengangs „Soziale Arbeit“. In diesem Semester findet dort ein interdisziplinäres Projekt zwischen Studierenden der Sozialen Arbeit und der Informatik statt, bei dem etwas für unser neues Gebäude entwickelt werden soll. In dem neuen Gebäude, in das wir im Sommer 2025 einziehen werden, ist ein „Raum der Stille“ geplant, der sogar über eine Mooswand verfügen wird. Für diesen Raum haben wir eine VR-Brille angeschafft und die Studierenden des Seminars arbeiten nun daran, die VR-Brille mit Inhalten rund um das Thema „Mental Health“ zu bestücken. Die geplanten Inhalte sollen entweder in edukativem Setting Informationen zu Mental Health vermitteln oder den Nutzern immersive bzw. oraktische Entspannungsübungen anbieten. Die Studierenden der Sozialen Arbeit erarbeiten im Kurs Hintergründe zu Mental Health und Fördermöglichkeiten in diesem Bereich. Sie nehmen auch Videos auf, die später von den Informatik-Studierenden in die VR-Umgebung eingebunden werden sollen. Bei unserem Besuch in der Lehrveranstaltung haben meine Kollegin und ich das LehrLernZentrum und unseren Neubau mit seinen innovativen Raumkonzepten vorgestellt. Ich bin sehr gespannt, wie sich dieses interdisziplinäre Projekt in den kommenden Wochen entwickelt und welche kreativen VR-Erlebnisse die Studierenden für unseren Raum der Stille entwerfen werden.