Ich durfte diese Woche einen Termin des Tool Tip Tuesday vom VK:KIWA, dem KI-Campus und der FernUniversität in Hagen bestreiten (hier gehts zur Aufzeichnung). Das Konzept des Tool Tip Tuesday ist eigentlich, dass wöchentlich (dienstags, 12-13 Uhr) ein bestimmtes KI-Tool vorgestellt und näher beleuchtet wird. Nachdem ich vor ein paar Wochen für einen solchen Termin angefragt wurde, machte ich mich auf die Suche nach einem Tool, das ich vorstellen könnte. Mir fiel direkt Research Rabbit ein, das Tool Tip Tuesday bislang noch nicht vorgestellt worden war. Aber irgendwie kam mir das langweilig vor – abgesehen davon, dass ich davon ausging, dass die meisten, die sich mit dem Thema beschäftigen, dieses Tool in der Zwischenzeit ohnehin schon kennen.
Irgendwann kam ich dann auf die Idee, den Fokus etwas zu erweitern bzw. zu verschieben und die Gelegenheit zu nutzen, mich in ein Thema mehr einzuarbeiten, das mich schon länger beschäftigt: die Frage danach, welches eigentlich der beste Webbrowser ist, wenn es um die Integration generativer KI geht. Ich habe, seit ich im WWW unterwegs bin, immer Firefox genutzt. Letzten Sommer habe ich dann an dieser ‚Grundfeste‘ gerüttelt. Damals machte die Meldung Schlagzeilen, dass Opera als erster Browser einen KI-Chatbot direkt in den Browser integrierte. Seither nutze ich Opera, habe die direkte und radikale Umstellung aber schon das ein oder andere Mal bereut. Deshalb wollte ich mich mal systematischer mit der Frage nach dem idealen ‚KI-Browser‘ auseinandersetzen.
Long story short: Die Frage danach, welches der beste Browser ist, was KI-Anwendungen betrifft, ist eindeutig zu beantworten: Google Chrome. Chrome, der sowohl welt- als auch deutschlandweit ohnehin von den meisten Personen genutzt wird, bietet mit Abstand die meisten und, wie ich finde, auch besten KI-Erweiterungen. Allerdings ist Google auch einer der schlechtesten Browser, was den Datenschutz betrifft. Deshalb kommt Chrome für mich als Standardbrowser nicht infrage. Firefox hat definitiv abgeschmiert und wenn nicht noch eine große Neuerung kommt, wird der Browser das Rennen vermutlich verlieren und noch weiter an Bedeutung abnehmen. Für Apple-Nutzer:innen steh natürlich auch noch Safari zur Auswahl. Allerdings glänzt dieser Browser auch nicht gerade mit systematischen KI-Integrationen. Bleiben also noch Edge und Opera.
Ich bin der Meinung, dass Microsoft dem Bedeutungsverlust seiner Browser, zunächst natürlich des Internet Explorers, dann aber auch von Edge, durch den Copilot ein starkes Pfund entgegensetzen kann. Wo ich früher niemals auf die Idee gekommen wäre, den Internet Explorer oder Edge zu nutzen, ist das inzwischen der von mir am zweithäufigsten verwendete Browser. Er ist zwar kein Standard-Browser bei mir, aber ich nutze ihn regelmäßig, um mit PDF-Dokumenten zu chatten oder auch dafür, um mir Zusammenfassungen von Websites generieren zu lassen. Opera hatte für mich letzten Sommer großes Potenzial aufgrund der Integration von Aria. Allerdings wurde dieses Potenzial meiner Meinung nach nicht genutzt, da Aria zwar mit Sicherheit ein guter KI-Chatbot ist, man mit Aria aber nicht auf geöffnete Internetseiten zugreifen und mit ihnen chatten kann, wie das beim Edge-Browser der Fall ist. Und an der Stelle wird das Tool für mich dann letztlich nutzlos. Würde ich nochmal vor der Entscheidung stehen, würde ich vermutlich Edge als Standardbrowser einstellen. Aber der Umzug von Firefox zu Opera war für mich schon nervig genug und insofern bleibe ich jetzt erst einmal bei Opera. „Erst einmal“ ist an dieser Stelle ein gutes Stichwort. Den Abschluss meines Vortrags beim Tool Tip Tuesday und für mich auch dessen Highlight bildete nämlich die Vorstellung eines ganz anderen Browsers, der eine neue Generation von Browsern begründen möchte: Arc Search.
Arc Search ist ein Browser, den es momentan nur für iPhones gibt, für den gerade aber auch eine Desktop-Variante und eine Variante für Android geplant ist. Die Entwickler:innen von Arc Search betreiben, wie ich finde, großartiges Marketing mit einem großartigen Storytelling (das meiste davon gibt es allerdings nur innerhalb der App selbst und nicht auf der Website von Arc Search). Arc Search ist ein Browser speziell für mobile Endgeräte, auf denen der Browser, jedenfalls laut den Entwickler:innen von Arc Search, häufig nur geöffnet wird, um einzelne Sachen in Suchmaschinen nachzuschauen. Und bei Arc Search ist es so, dass ich einfach eine Frage stellen kann, die ich andernfalls eventuell bei DuckDuckGo oder Google eingeben würde, und für die mir der Browser dann eine eigene Seite mit allen relevanten Informationen zu meiner Frage erstellt, inklusive des Hinweises auf die zugrunde liegenden Quellen. Also letzten Endes das Gleiche wie Perplexity, nur eben als Browser-Variante. Ich bin sehr gespannt, was wir von den Entwickler:innen von Arc Search noch hören werden und ob sich dieses Browser-Modell zumindest für mobile Geräte durchsetzen wird. Eine gute Unterstützung hierfür ist sicherlich, dass vor Kurzem der Digital Markets Act, kurz DMA, der Europäischen Union in Kraft getreten ist. Danach darf z. B. Apple nicht einfach auf allen iPhones den Safari-Browser standardmäßig einstellen, sondern jede:r Nutzer:in muss bei der Einrichtung eines iPhones bewusst einen Browser auswählen.
Zuletzt und in aller Kürze noch eine Leseempfehlung fürs Wochenende. Dieser Artikel bei ‚Forschung und Lehre‘ diskutiert, wie KI als Forschungsassistenz in der Wissenschaft eingesetzt wird, wie sie die Forschung verbessern könnte, wo aber auch ernstzunehmende Gefahren liegen. Der Artikel ist sehr dicht, differenziert und geht viel tiefer als die übliche Forderung nach „kritischem Denken“, hinter der oft wenig Substanz ist. Sidenote an dieser Stelle: Da mich dieses Thema sehr beschäftigt, habe ich dazu zusammen mit Kolleg:innen von der htw Saar einen Diskussionsbeitrag für das diesjährige University Future Festival eingereicht. Wir haben schon die Zusage bekommen und hoffentlich erfahren wir bald auch noch das genaue Datum für unsere Session.