KI am Arbeitsplatz: mehr als Zeitersparnis

Eine aktuelle Umfrage im Auftrag von Indeed (Durchführung: 30.04.-07.05.25) zeigt, dass deutsche Erwerbstätige durch den Einsatz von KI im Schnitt nur wenig Zeit sparen, meist drei Stunden oder weniger pro Woche. Schnell liest sich das so, als sei KI ’nur ein nettes Extra‘ und kein echter Game Changer. Doch genau hier liegt m. E. das Problem: Diese Zahlen sagen kaum etwas über den wahren Wert von KI-Tools und deren transformatives Potenzial für die Arbeitswelt (buzzword, ich weiß, aber isso ..) aus.

Denn wie soll man überhaupt messen, wie viel Zeit man durch KI spart? Man macht nicht jede Aufgabe einmal ohne KI, einmal mit, und stoppt die Uhr. Selbst wenn man danach gefragt wird, ist die eigene Einschätzung höchst subjektiv. Und daher frage ich mich, inwiefern diese Zahlen, die natürlich erst einmal sehr objektiv wirken, immerhin sind es ja Zahlen, die in einer Studie stehen (ja, ironischer Unterton ist intendiert), überhaupt in irgendeiner Weise valide sind. Würde ich selbst danach befragt werden, wie viel Zeit ich jede Woche durch den Einsatz von KI am Arbeitsplatz einspare, wüsste ich darauf keine Zahl zu nennen, die auch nur annähernd ‚richtig‘ ist. Und dabei setze ich mich sehr viel mit KI am Arbeitsplatz auseinander, gerade auch auf einer Metaebene.

Das eigentliche Problem solcher Studien, von denen es inzwischen gefühlt nur so wimmelt, liegt aber tiefer, denn: Die reine Zahl der eingesparten Stunden greift zu kurz. Viel wichtiger ist die qualitative Dimension: KI verändert nicht nur, wie wir arbeiten, sondern was wir arbeiten. Wenn Unternehmen KI ernsthaft in ihre Prozesse integrieren, entstehen neue Workflows, neue Aufgaben, neue Möglichkeiten. Und so geht es um viel mehr als nur darum, durch KI althergebrachte Aufgaben schneller zu erledigen. Kreativität und Innovation, genau der Bereich, bei dem KI uns nach vorne bringen kann, entstehen gerade dann, wenn der durch KI geschaffene Freiraum nicht einfach für kleine Nebenaufgaben genutzt wird, sondern für wirklich neue Ideen und Projekte, die von Anfang an gemeinsam mit generativen KI-Systemen geplant und durchgeführt werden.

Die zitierte Umfrage deutet an, dass viele Befragte die durch KI angeblich eingesparte Arbeitszeit nicht für strategische oder kreative Aufgaben einsetzen. Aber die Frage ist doch: Haben die Befragten (n=501; Aussagen über Branchenzugehörigkeit habe ich nicht gefunden) überhaupt die Möglichkeit oder das Bewusstsein, die neue Qualität von Arbeit zu erkennen? KI eröffnet Chancen, die sich nicht in Stunden messen lassen, sondern in neuen Kompetenzen, neuen Projekten und neuer Wertschöpfung.

Und genau hier sollte der Diskurs meiner Meinung nach viel, viel stärker ansetzen: Wir brauchen nicht immer neue Studien, die uns zeigen, ob man durch KI drei, sechs oder null Stunden spart. Es geht um etwas Größeres. Es geht um die Qualität der Arbeit, die KI möglich macht – um Aufgaben, die es ohne KI gar nicht gäbe, um neue Perspektiven, um echte Innovation. Unternehmen und Gesellschaft sollten aufhören, den Erfolg von KI an Stoppuhren zu messen, und anfangen, das Potenzial für ganz neue, wertvolle Aufgaben zu sehen. Das ist aber wiederum nichts, das von heute auf morgen geschehen kann. Das ist verbunden mit einem großen, gesamtgesellschaftlichen Change Prozess, indem ein qualitativer Shift fast jedweder Arbeit stattfindet. Somit sind es auch keineswegs nur die einzelnen Arbeitsplätze selbst, die sich verändern. Der Blick ist stattdessen auf die Makroebene, z. B. eines Unternehmens, zu richten. Ganze Aufgabencluster werden durch KI wegfallen, dafür werden neue hinzukommen. Alte Berufsbilder fallen somit weg, neue Berufsbilder, die wir jetzt z. T. noch gar nicht erahnen können, entstehen.

KI am Arbeitsplatz ist also weniger eine Frage der Quantität als der Qualität. Wer das erkennt, kann sie wirklich zum Game Changer machen. Und dann auch in Umfragen wirklich verlässlich angeben, wie KI die eigene Arbeit verändert. Zahlen wie die aus der Studie von Indeed sind m. E. letztlich ohne Aussagekraft.

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Ich, Dr. Isabella Buck (Wohnort: Deutschland), verarbeite zum Betrieb dieser Website personenbezogene Daten nur im technisch unbedingt notwendigen Umfang. Alle Details dazu in meiner Datenschutzerklärung.
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