Jahrestagung Gesellschaft für Schlüsselkompetenzen

Während ich aktuell für die letzte Dienstreise dieses Jahres im Zug nach Kiel sitze, blicke ich zurück auf die Jahrestagung der Gesellschaft für Schlüsselkompetenzen, die diese Woche von Montag bis Mittwoch in Mülheim/Ruhr an der Hochschule Ruhr West stattfand. Thema war „Qualitätssicherung im Bereich der Schlüsselkompetenzen: Selbstreferenzielles Add-On oder existenzielle Notwendigkeit?“ und so ging es am Montag mit einem fünfstündigen Pre-Conference Workshop zum Thema „Assessment von Future Skills“ los. Workshopleitende waren Ulf-Daniel Ehlers und Jörg Allmang von der DHBW/Next Education.

Der Workshop war in sechs Sessions unterteilt. Allein schon die Session-Bezeichnungen haben gezeigt, wie groß das Themenfeld ist, in dem wir uns bewegen: Von Self Assessments über kompetenzbasierte Interviews, psychometrische Tests, praktische Tests und Simulationen, Leitungsbeurteilungen und Portfolios war einiges dabei. Gleichzeitig wurde deutlich, wie schwierig das Assessment von Future Skills ist, wenn es keine institutionsweite Strategie gibt. Ich kann nicht in einem 12-wöchigen Semesterkurs ein bestimmtes Future Skills-Set erwerben (Erwerbs-Metapher ohnehin sehr schwierig hier). Insofern bräuchte man ein Instrument, das am student life-cycle orientiert ist und eine kontinuierliche Reflexion der Studierenden einfordert. Mit dem Future Skills Assessment der DHBW haben wir als Workshopteilnehmende da eine schöne Assessment-Struktur gezeigt bekommen, die aber leider nicht einfach mal eben auf andere Hochschulen übertragen werden kann. Da muss ich mal kurz seufzen und bedauern, dass wir nicht so weit sind und es bei uns (noch) nicht selbstverständlich ist, dass Studierende ihren Lernfortschritt sowie bedeutsame Erlebnisse im Studium und in der Praxis fach(bereichs)übergreifend dokumentieren und reflektieren. Wir sprachen auch über Rubrics für die Beurteilung von Future Skills. Da musste ich an den Sammelband zur Entwicklungsorientierten Bildung von Walter Burk und Christian Stalder denken und daran, wie schwierig es ist, solche Parameter wie ‚Problemlösekompetenz‘ oder ‚Kreativität‘ quantitativ zu erfassen. Wenn Rubrics aber als eine Art ‚Showcase‘ eingesetzt werden, ähnlich einer Art Reifegradskala, finde ich sie in diesem Kontext sogar sehr sinnvoll. Randnotiz an der Stelle: Wibke Matthes sprach im Workshop davon, dass Lernziele „Versprechen an Studierende“ sind. Diese Formulierung fand ich großartig und werde sie auf jeden Fall im Hinterkopf behalten.

Als die drei zentralen Parameter für die Einführung von Future Skills Assessment nannte Ulf Ehlers schließlich Struktur, Prozess und Sichtbarkeit. Da ich mich mit dem Thema des Future Skills Assessment im nächsten Jahr vertieft auseinandersetzen möchte, bot der Workshop einen sehr guten Einstieg und viele Ressourcen zur Vertiefung. Vom Future Skills Kompass von Nextskills war ich jedoch nicht ganz so überzeugt. Ich kannte ihn schon vor dem Workshop und hab ihn selbst auch schon ein paar Mal durchlaufen, empfand den Prozess der Situationsbeurteilung jedoch eher anstrengend vom Aufwand her – und dann ist noch das Thema der Validität (wobei man sagen muss, dass eine solche hier gar nicht angestrebt wurde).

Weiter ging es am Montag mit Arbeitskreistreffen: Hier hätte ich den Zeitumkehrer von Hermine Granger gebraucht (Credits gehen raus an Steffen Goldbecker), um sowohl am Treffen des Future Skills Fachausschusses als auch am Treffen des AK Schlüsselkompetenzen Mitte teilzunehmen. Deshalb habe ich von beiden Treffen leider nur jeweils die Hälfte mitbekommen. Positiv gewendet: Auf diese Weise hatte ich viele Einblicke in das, was die Kolleg:innen deutschlandweit aktuell gerade so machen und was sie umtreibt. Konkret vorzeigbar ist u.a. das neue Video des MarSkills Centers, in dem sie kurz und griffig erklären, was Future Skills sind.

Die offizielle Tagung startete am nächsten Tag nach Begrüßungsworten mit drei eher kurzen Keynotes und einer anschließenden Podiumsdiskussion. Patrick Hintze referierte zu „Micro Credentials für Schlüsselkompetenzen? Möglichkeiten und Grenzen neuer Zertifizierungsformen in der Hochschulbildung“. Er wies hier u.a. darauf hin, dass es zumeist an einer Rechtsgrundlage für die Vergabe von Zertifikaten/Abschlüssen abseits der etablierten Studiengänge und der Weiterbildung fehlt. Außerdem gebe es keine nennenswerte nationale Abstimmung oder Koordinierung. Das Thema werde bei der Novellierung der Hochschulgesetze jedoch zunehmend berücksichtigt.

Felix Meckmann, Bauingenieurs-Prof der Hochschule Ruhr West, sprach anschließend zu „Employability von Studierenden entwickeln – Praxisorientierung im Bauingenieursstudium“. Er stellte ein, wie ich fand, total cooles Format des challenge-based learning vor (ohne es aber so zu benennen), bei dem Studierende ein Immobilienprojekt planen müssen und dabei sogar reale Ansprechpersonen bei der Stadt Mülheim und Unternehmen haben. In diesem Kontext müssen die Studierenden mindestens 2x eine Beratung bei Tutor:innen wahrnehmen; außerdem findet ein Teamteaching mit Steffen Goldbecker vom Zentrum für Kompetenzentwicklung statt.

Die letzte Keynote hielt Ulf-Daniel Ehlers unter dem Titel „Neue Kompetenzen für KI? Zur Konstruktion von Future Skills für eine Lebens- und Arbeitswelt von morgen“. Hier stellte er die AI Comp-Studie vor. Für mich war hier nicht viel Neues dabei, da ich den Studienbericht schon gelesen habe (und das AI Comp-Framework als einen sehr guten Anknüpfungspunkt zum Thema AI Literacy betrachte). Getreu dem Motto „Man lernt immer was Neues“ habe aber auch ich was Neues mitgenommen und zwar die Metapher vom „Secret Cyborg“ von Ethan Mollick (eigentlich habe ich das Gefühl, jeden LinkedIn-Post und jeden Blogbeitrag von Ethan Mollick zu lesen und zu kennen, aber man hat immer blinde Flecken). Das kam insofern genau deshalb zum richtigen Zeitpunkt, da ich diese Woche noch nach einem Anknüpfungspunkt für ein Paper zum Thema „GenZ & KI & Unternehmen“ suchte und mir die Metapher vom Secret Cyborg hier sehr gelegen kam.

In der anschließenden Podiumsdiskussion wurden die drei Themen der Keynotes leider nicht verknüpft (was man sicherlich mit einer geeigneten Fragestellung geschafft hätte), wodurch die integrierende Klammer fehlte und aus einer Podiumsdiskussion eine Fragerunde wurde.

Am Nachmittag fanden dann zwei Workshopsessions statt, in denen drei Workshops angeboten wurden. Da ich selbst einen Workshop leitete, konnte ich leider keinen anderen besuchen, was sehr schade war.

Mein Workshop trug den Titel „Multimodale generative KI: Metakognition als neue Mega-Kompetenz?“ und v.a. der initiale Podcast-Walk kam bei den Teilnehmenden sehr gut an. Nach dem Podcast-Walk gab es eine Gruppenarbeit, in der sich die Gruppen mit verschiedenen Optionen der Integration von KI in Schlüsselkompetenzangebote auseinandersetzen konnten. Am Ende wurde in einer Fishbowl lebhaft darüber diskutiert. An der Stelle sei als nicht-fachliches Highlight des zweiten Tages noch das Conference Dinner genannt, das in einem tollen, super gemütlichen Fachwerk-Restaurant stattfand, das seine Türen an dem Abend nur für uns öffnete.

Der dritte und letzte Tag begann mit der Mitgliederversammlung, auf der ich zusammen mit Heike Kröpke, Barbara Clasen und Patrick Hintze in den Vorstand gewählt wurde, was mich natürlich sehr freut. Den Abschluss bildete dann ein Workshop zu „Interaktive Lehre mit LEGO® Serious Play®“. Auch wenn es nicht mein erster Workshop zu dem Thema war, war ich doch wieder mal begeistert, was man alles damit machen kann. Hier ein Foto meines Bauwerks zum Thema „Mein Lieblings-Future-Skill“.

Na, erratet Ihr, welcher Future Skills damit gemeint ist? 😉 Was ich auch schön fand, war, dass wir am Ende unser Key-Take-Away der Tagung bauen sollten – und dass hier einige Teilnehmende den Podcast-Walk meines Workshops bauten.

Insgesamt war es eine tolle Tagung in richtig schöner Atmosphäre, auf der ich, wie es immer so ist, gerne noch mit viel mehr Leuten ins Gespräch gekommen wäre. Danke an das Team der Hochschule Ruhr West für die super Vorbereitung und Orga!

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