Mit diesem Blogpost reihe ich mich ein in die ‚Jahresend-‘ und ‚Neujahrsausblickstexte‘. Mein Ankerpunkt ist dabei das Thema ‚soziale Beziehungen‘, das für mich als quasi alles verbindendes Thema über dem alten Jahr steht und vermutlich auch über dem neuen Jahr stehen wird.
Zum 01.09. habe ich meinen Job gewechselt und damit das einzige Feld, das ich bislang beruflich kannte – die Hochschulwelt – verlassen. Dort hatte ich sehr viele Kontakte, ein sehr großes Netzwerk und war auch selbst bekannt. Anschließend wieder bei null (Kontakten) beginnen zu müssen, war nicht einfach. Mein Ziel war es aber von Anfang an, mir auch im neuen Bereich wieder ein großes Netzwerk aufzubauen – und da bin ich seither kontinuierlich dran. Und damit dieser Jahresendtext kein für meine Lesenden vermutlich eher wenig spannender Reflexionstext wird, möchte ich genau dieses Thema mit meiner aktuellen Lektüre verbinden.
Ich bin seit Kurzem dabei, den Sammelband „Zukunft der Arbeit an der Zukunft„, herausgegeben von Jens und Katharina Nachtwei, zu lesen. In diesem Buch finden sich über 150 Beiträge von ganz unterschiedlichen Menschen, die jungen Menschen ‚Tipps‘ mit auf ihren beruflichen Weg geben. Alle Autor:innen mussten dabei vier Fragen beantworten:
- »Wie würdest Du jungen Menschen erklären, was Du beruflich machst?«
- »Was würdest Du jungen Menschen im Hinblick auf die Arbeitswelt empfehlen und wovon würdest Du ihnen abraten?«
- »Was wird Deiner Meinung nach in den nächsten fünf bis zehn Jahren die Arbeitswelt in Deutschland prägen?«
- »Wie schätzt Du die Bedeutung von Technologie für die Zukunft der Arbeit in Deutschland ein?«
Für mich sind vor allem die Antworten auf Frage 3 und 4 relevant, da sich dadurch ein sehr spannendes Mosaik zum Thema „Zukunft der Arbeit“ ergibt. Momentan habe ich die ersten 62 Beiträge gelesen und allein auf diesen 140 Seiten gingen zwölf Autor:innen auf das Thema „Netzwerke“ ein. Um nur ein paar zu zitieren: „In einer Welt, wo Wissen fast kostenlos zu haben ist, sind Beziehungen das neue Gold“ (Philip Horváth), „Ein wichtiger Punkt ist das Netzwerken. Viele Jobchancen entstehen nicht durch klassische Bewerbungen, sondern durch Empfehlungen, Gespräche und zufällige Begegnungen“ (David Hillmer), „Beginnt frühzeitig damit, ein Netzwerk aufzubauen. Sucht gezielt den Austausch mit Menschen, die euch inspirieren oder deren Weg ihr spannend findet“ (Sevda Helpap), „Bei allem technologischen Fortschritt sollte eins bedacht werden: Ein Netzwerk aus persönlichen Kontakten bleibt unumgänglich“ (Dominik Gross).
All das habe ich auch schon an der Hochschule ‚am eigenen Leib erfahren‘, aber noch viel, viel mehr jetzt im Verband. Wir machen Interessensvertretung, sprich Lobbyarbeit, und da sind Kontakte das A und O. Dies kann im Hier und Jetzt kein KI-System ersetzen und wird es auch in Zukunft nicht. Ich war eine der KI-Pionierinnen im Hochschulbereich und möchte auch weiterhin Pionierarbeit in diesem Bereich leisten. Ohne KI zu arbeiten, kann ich mir absolut nicht mehr vorstellen. Aber die sozialen Kontakte sind genau so wichtig wie die Technologie, wenn ich meine Arbeit gut machen möchte, vielleicht sogar noch wichtiger. Und insofern bin ich auch recht entspannt, was meine berufliche Zukunft betrifft. Ich sehe noch nicht, dass ein KI-Avatar Veranstaltungen für mich besucht, mit anderen netzwerkt und mich so irgendwann überflüssig macht.
Ein anderes Zitat aus dem erwähnten Sammelband trifft ebenfalls gut das, was ich dieses Jahr erlebt habe. Dominik Groß schreibt: „Wir bewegen uns vom linearen Lebenslauf weg und hin zu einem architektonischen Kletterwand-Modell. Die eigene Laufbahn wird flexibler und modularer. Kompetenzen schlagen starre Positionen.“ Genau das habe ich dieses Jahr erlebt und genau das finde ich großartig! Im Master habe ich mit Kommiliton:innen noch oft darüber gewitzelt, dass wir als Linguist:innen ohnehin irgendwann Taxi fahren. Nun bin ich nach einer ‚hybriden‘ Forschungs-/Didaktik-/Festangestellt-/Freiberuflichkeit-Karriere in eine ganz neue Welt gewechselt und sauge all die neuen Eindrücke, die neue Kultur, die neuen Kontakte und Arbeitsthemen begierig ein. Ich habe in den letzten vier Monaten viele Kompetenzen zu entwickeln angefangen, aber natürlich auch ‚alte‘ Kompetenzen anwenden können. Mein Job ist bunt, vielfältig, geprägt von Menschen, von Technologie, von immer Neuem (da Referentin für Innovation) – und genau das liebe ich!
Schließen möchte ich mit einem letzten Zitat aus dem o. g. Buch: „Wichtig wird sein, umzusetzen und zu machen und sich nicht in den Sog der Negativität reinziehen zu lassen – der Kontraktion mit Innovation zu begegnen. Wenn Altes verschwindet, eröffnet es auch die Möglichkeit für Neues.“ (Philip Horváth) In diesem Sinne: Eine schöne Weihnachtszeit und einen guten Start ins neue Jahr! Wir lesen uns, so Sie mögen, an dieser Stelle Anfang Januar wieder.
